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                            | Auszug
                                aus der Erzählung Jäger und Gejagter - Tod eines Doppelgängers |  
                        
                          
                            | "Schweine!", zischte Roger, griff ins
                              Handschuhfach, nahm etwas heraus, und an dem Geräusch erkannte Karl-Dorian, dass
                              sein Kumpel eine Pistole oder einen Revolver entsichert hatte. |  
                        
                          
                            | Sie kamen durch fruchtbare Becken, in denen die Frühjahrssaat
                              aufgegangen war. Fuhren durch Karstformationen und tiefe Täler. Springlebendige
                              Bäche sahen sie, in denen das Wasser klar und reißend und blau war. Die wilden
                              Schluchten des Balkan im Mai. In den Bächen lagen weiße Felsen und Uferbewuchs
                              säumte frischgrün die Wasserläufe und nichts schien sich zu rühren außer
                              dem Wasser. Gelegentlich glaubte Kado hoffnungsvoll, das sind die Abruzzen, wir
                              sind in Italien, dem Traumland der Dichter. Aber dann fuhren sie durch Dörfer,
                              in denen nur noch Ruinen standen. Schwarze Fensterhöhlen und verkohlte Dachstühle
                              und klaffende Mauerlücken und doch wagte man bereits hie und da Reparatur und
                              Neuaufbau. Roger und Karl-Dorian gewannen Höhe und drangen tiefer
                                ins Landesinnere vor, kamen den Kampfgebieten, die von manchen Offiziellen auch
                                als Waffenstillstandsgebiete bezeichnet wurden, näher und näher. Ausgebrannte
                                Lastwagen und Panzer. Ganz selten zeigten sich Menschen alleine oder in kleinen
                                Gruppen. Meist tauchten sie in Verbänden auf, in Kolonnen, in langem Zug auf
                                der Flucht. Und dann stieg Staub auf und puderte Steine und Pflanzen und Schuhe.Kado musste Roger aufwecken, es wurde langsam mulmig,
                                er hatte sich hoffnungslos verfranst. Er wusste nicht mehr, wo sie waren.
 "Du pennst und ich kann sehen, wie ich zurande
                                komme. Keine Straßenschilder mehr, die Leute können oder wollen einem nichts
                                sagen. Jetzt musst du mal gucken, wo wir sind und wie es weitergeht."
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                            |  Roger rieb sich die Augen und kletterte auf den
                                Beifahrersitz:"Fahr erst einmal weiter, Junge. Wir müssen an einen
                                Punkt kommen, an dem wir uns orientieren können, eine Kreuzung, ein Kaff, eine
                                Brücke, irgendwas."
 Und nur ein paar hundert Meter weiter lag vor ihnen in
                                einer Talmulde eine größere Ansiedlung, die von der Anhöhe her einen zwar
                                verlassenen, aber kaum zerstörten Eindruck machte. Sie hatten die halbe Distanz
                                hinter sich gebracht und passierten vereinzelte Gehöfte, als Roger Kado
                                unvermittelt ins Steuerrad griff. Karl-Dorian trat unwillkürlich auf die Bremse
                                und sah, dass sie in einer Hofeinfahrt standen. "Schweine!", zischte Roger, griff ins
                                Handschuhfach, nahm etwas heraus, und an dem Geräusch erkannte Karl-Dorian, dass
                                sein Kumpel eine Pistole oder einen Revolver entsichert hatte. Und hier eine akustische Leseprobe: |  |