| Berliner Pläne
                            zur Reduzierung des Flugverkehrs sind bei der Bundesregierung auf Ablehnung
                            gestoßen. Der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung, Herbert Schmülling,
                            bezeichnete sie am Freitag als „ein Stück Einschränkung des
                            Personenverkehrs“. Ökonomische und auch ökologische Interessen dürften im
                            Hinblick auf diesen einzige unkontrollierten Zugang auf West-Berlin nicht allein
                            ausschlaggebend sein. Nach seiner Ansicht ist der aus Lärmschutzgründen
                            unternommene Vorstoß auch geeignet, der vom früheren US-Präsidenten Ronal
                            Reagan angeregten Berlin-Initiative entgegenzuwirken. Sein Ziel war es, die
                            Stadt zu einem internationalen Luftverkehrsknoten zu machen. Ihre endgültige
                            Haltung zu dem Berliner Wunsch, pro Tag 36 Flüge zu streichen, will die
                            Bundesregierung nach Angaben des Außenministeriums jedoch erst in der kommenden
                            Woche festlegen. Zuständig für den Flugverkehr von und nach West-Berlin sind
                            die drei Westmächte. Ein Sprecher des Außenministeriums in Bonn ging davon
                            aus, daß das Thema nach der Ressortabstimmung in den  regelmäßigen Konsultationen mit den Alliierten zur Sprache kommt. Die Berliner
                            Senatorin für Bundesangelegenheiten, Heide Pfarr, traf sich mit dem
                            Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Sudhoff. Dieser betonte dabei die „enorme
                            politische Bedeutung“ einer Einschränkung der Flüge, da die Luftkorridore
                            „den Lebensnerv von Berlin“ darstellten. Bei dem hohen Stellenwert des
                            Umweltschutzes in der Politik Bonns sollten die Argumente des Berliner Senats
                            jedoch sehr sorgfältig geprüft werden. Scheiß Proporz
                            des Airports! „Weißt du,
                            Schweinerei ist, daß in dieser beschissenen Zeitung mit keinem Wort erwähnt
                            wird, welche Flüge gestrichen werden sollen. Nämlich nur die, bei denen kein
                            Schwanz mitfliegt außer dem Personal, dem Plastikfressen und ein paar Briefchen
                            vielleicht. Ich erwarte keineswegs von unseren freien Presse, daß sie über das
                            ganze verworrene Geflecht von Interessen bei den Fluggesellschaften, den
                            Alliierten, den Bonner und Berliner Bonzen berichtet. Aber so ist diese Meldung
                            nicht nur unvollständig, sondern bewußt um den wichtigsten Aspekt gebracht,
                            weil Stimmung gemacht werden soll (...)“(S. 46/47)
 
 Bei der größten
                            Massenflucht seit dem Mauerbau haben sich am Wochenende annähernd 900 DDR-Bürger
                            aus dem Urlaub in Ungarn über die grüne Grenze nach Österreich abgesetzt. Die
                            Regierungen in Bonn, Budapest und Wien waren schon vorher darüber informiert
                            worden, daß viele DDR-Bürger in Ungarn ein paneuropäisches Treffen in Sopron
                            (Ödenburg) dicht an der Grenze dazu benutzen würden, einen großen
                            Fluchtversuch zu riskieren. Flugblätter über das Treffen der
                            Pan-Europa-Bewegung Österreich hatten die DDR-Bürger auf die Fluchtgelegenheit
                            aufmerksam gemacht. Am frühen
                            Sonntag nachmittag marschierte zunächst ein Pulk von 200 Menschen auf die
                            Grenze zu, öffnete ein Holztor und lief auf österreichisches Gebiet. In den
                            folgenden drei Stunden drei Stunden wechselten an dieser Stelle Hunderte von
                            weiteren Flüchtlingen unbehelligt über die Grenze. Die ungarischen Soldaten
                            sahen tatenlos zu. Auf der anderen
                            Seite warteten bereits von der Botschaft gecharterte Omnibusse auf die Menschen.
                            Über die Botschaft in Wien wurden die meisten von ihnen noch während der Nacht
                            mit Omnibussen sowie einem Sonderzug in die Bundesrepublik gebracht. Der größte
                            Teil von ihnen fand im neuen Notaufnahmelager Schöppingen bei Münster statt. „Sei es wie
                            es sei, Kado, hier halten wir. Für unsere harte DM kaufen wir im Intershop
                            guten Schnaps und vorher werden wir real existierende sozialistische
                            Hausmannskost zu uns nehmen, und du darfst ein real existierendes,
                            sozialistisches Bier dazu trinken.“(S. 49/50)
 Aus: Transit
                            Wirklichkeit© by Klaus-Dieter Regenbrecht 2009
 
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