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                          | Auszug aus dem Roman 
                              Stellas Promotion |  
                    
                      
                        | Drei Milliarden 
                          Buchstaben, ATG BCT, ein Buch mit Milliarden Siegeln, GGT TGT, ein Buch von 
                          allerhöchster literarischer Qualität, AAG AAC, ein Buch, das die gesamte 
                          Erbinformationen des Menschen enthalten wird, TTC, ein Buch geschrieben in der 
                          Sprache der Gene, TTA BUU IL, the language of love. Es gibt nur eine Kunst und 
                          eine Liebe: Buchstäblich leben. |  "Wann stirbt Papa 
                    denn?""Du lieber Gott, Mo, so genau weiß das keiner. Freu dich, dass er noch 
                    lebt."
 Als könnte die Kleine es gar nicht abwarten.
 "Aber wir werfen ihn 
                    dann ins Wasser."
 "Mo, wir werfen ihn nicht ins Wasser, dein Vater hat sich 
                    eine Seebestattung gewünscht. Weißt du, man kann Menschen in einem Sarg 
                    beerdigen, man kann sie verbrennen und die Asche in einer Urne bei sich im 
                    Wohnzimmer aufbewahren, man kann Menschen aber auch im Meer bestatten. Und dein 
                    Vater stammt eben aus einer uralten Seemannsfamilie."
 "Dauert das denn noch 
                    lange, bis wir Papa ins Meer werfen?"
 "Mona, ich weiß es nicht. Aber wenn du 
                    unbedingt möchtest, können wir ja wieder einmal eine Schiffstour 
                    machen."
 "Nein, ich warte, bis Papa tot ist."
 Am 30. September im Jahre 
                    2005 wird Mona Stomski ihren sechzehnten Geburtstag feiern, wenn sie dann noch 
                    lebt. Sweet sixteen. Ihr Vater, Samuel Spieker, wird dann lange schon im Meer 
                    bestattet sein, und auch ihre Mutter wird bereits einige Jahre tot sein. Mona 
                    wird sich an ihren Vater kaum noch erinnern können an ihrem sechzehnten 
                    Geburtstag. Sie wird sich nicht mehr an die Seebestattung erinnern, sie wird 
                    ihre Frage danach längst vergessen haben. Der 30. September 2005 wird 
                    ein ganz besonderer Tag in der Menschheitsgeschichte sein, denn dann werden wir 
                    alles über uns selbst wissen. Am 1. Oktober 1990 hat der Nobelpreisträger und 
                    Direktor des Cold-Spring-Harbor-Laboratoriums James Watson sein "Human Genome 
                    Project" begonnen und versprochen, innerhalb von fünfzehn Jahren die 
                    Entschlüsselung der menschlichen Erbsubstanz zu bewältigen. Drei Milliarden Buchstaben, 
                    ATG BCT, ein Buch mit Milliarden Siegeln, GGT TGT, ein Buch von allerhöchster 
                    literarischer Qualität, AAG AAC, ein Buch, das die gesamte Erbinformationen des 
                    Menschen enthalten wird, TTC, ein Buch geschrieben in der Sprache der Gene, TTA 
                    BUU IL, the language of love. Es gibt nur eine Kunst und eine Liebe: 
                    Buchstäblich leben. Mona Stomski stellte ihre 
                    Frage "Wann stirbt Papi denn?", im Spätherbst 1993, vierjährig. Mona und ihre 
                    Mutter waren auf dem Sprung in die Universitätsklinik, ins Labor. Wann immer 
                    Stella Stomski ein Labor betrat, erkannte sie den Inhalt aller Röhrchen, in 
                    denen die Erinnerungen an frühere Besuche in anderen Laboratorien konserviert 
                    wurden, und sie war in sorgfältiger Aufmerksamkeit darauf bedacht, diesen Moment 
                    dauerhaft zu konservieren. Auch hier in diesem Labor hatte sie darum gekämpft, 
                    dass ihrer Tochter der Stoff injiziert wurde, jener Stoff, der sich in das 
                    genetische Programm einschaltete, in dem der Intendant HIV 2 hieß. Diesem 
                    öffentlich-rechtlichen Katastrophenprogramm einen Piratensender zu implantieren, 
                    schien endlich gelungen zu sein, lautete doch der Befund an diesem Spätherbsttag 
                    erstmals "negativ". Das hatte Konsequenzen. 
                    Stella Stomski und Samuel Spieker wurden umgehend heiraten, Familienname: 
                    Stomski. Samuel war zwar wieder in die Familienunternehmung der Spiekers 
                    eingestiegen, nachdem der Vater seinem Sohn verziehen und ihn auf dem Totenbett 
                    darum gebeten hatte, das Unternehmen einem würdigen Ende zuzuführen, aber im 
                    Holzgeschäft auf Borneo war die Handelsgesellschaft schon lange nicht mehr, die 
                    letzten Beteiligungen an Schiffen waren aufgegeben, Japaner hatten die Spiekers 
                    ausgebootet. Immerhin war so gewährleistet, dass es Mona und ihrer Mutter, so 
                    lange diese ihren Ehemann überlebte, zumindest finanziell nicht schlecht 
                    erging. Aus: Stellas Promotion © by Klaus-Dieter Regenbrecht,  1993, zurück zum  Jetzt bestellen! |